röcke aus herrenhosen!
DIY
da lagen sie nun. vor über 10 jahren mal vom bahnwärter geerbt, der ihnen entwachsen war. eine weile trug ich sie noch als hosen - männerhosen haben mir immer besser gepasst und gestanden als die damenmodelle.... aber irgendwann mochte ich lange hosen so gar nicht mehr - und für hochsommerliche shorts eignet sich das wollmaterial nun mal nicht.
zu schade für die tonne!
also lagen sie...und lagen....lagen..... - der schöne wollstoff hielt mich regelmässig davon ab, sie in die tonne der hilfsorganisation zu werfen - da musste doch noch was zu machen sein!
in einer mußestunde, auf der gartenliege im schatten, als der sommer mal wieder viel zu heiss war, um irgendwas zu "tun" - da kam die erinnerung. die erinnerung an alte&kaputte jeans, zu röcken umgebaut - in den 80ern. die hosen inspiziert auf ihre tauglichkeit. angefangen zu experimentieren.
natürlich kriegt man keine "bleistiftrock-vom-massschneider" optik hin. muss man sich eben andere vorbilder suchen.
d i e # a n t w e r p s i x
fielen mir wieder ein - als ich anfang der 90er studierte waren die der "dernier cri". vor allem ann demeulenmeester und martin margiela (der "eigentlich" gar nicht zu den antwerp six dazugehörte) mit ihrer dekonstruktion der klassischen schneiderkunst waren mir schon damals grosse vorbilder. und so sind meine röcke dann auch geworden - mit ihren angesetzten stücken, den auffälligen nähten, den aus dem lot laufenden fadenläufen.....
und die 30er? threadbare?
1929 weltwirtschaftskrise. der glamouröse tanz auf dem vulkan der 20er jahre implodierte - und frau mode, immer sensibel, reagierte. nach der spielerisch-schwelgerischen opulenz des vergangenen jahrzehnts sahen die woll-, crepe- und tweedstoffe in gedeckten farben, die man nun trug, tatsächlich etwas fadenscheinig aus..... der ernst des lebens war zurück. nur noch abends gabe es - verhaltenes - glitzern.
die "gedeckten herrenstoffe" meiner neuen röcke passen da genau rein - und ihre silhouette ist auch sehr 30er geworden: schmal, wadenlang, hinten zum saum hin leicht glockig.
n a c h m a c h e n
da das material ja quasi vor dem müll gerettet wird, kann man unbeschwert experimentieren. vadderns olle buxe oder ein teil aus dem 2.hand-laden für ein paar euro. etwas garn, ein knapper meter futterstoff (dazu unten mehr).
die innenbeinnähte auftrennen, ausbügeln. anziehen, sitzt der bund ordentlich in der taille? wenn nicht, bei herrenhosen lässt sich das supereinfach über die hintere mitte korrigieren.
ist man nicht so geübt im schneidern, ist es hilfreich, das projekt zu zweit zu machen - oder wenigstens einen willigen helfer zu haben. ganzkörperspiegel ist unbedingt erforderlich.
denn jetzt muss man gucken - wie fällt der stoff wenn angezogen? zuerst die vordere mitte schliessen. am übergang zum hosenschlitz wirds meist kritisch - da muss der perfektionst beide augen zudrücken. das linke auf das rechte bein direkt aufzusteppen hat sich bewährt - statt einer naht von links.
dann hintere mitte von der po-naht gerade verlängern - bis nichtmehr geht. zwischendurch immer wieder den "fall" kontrollieren durch anziehen und gucken. sitzen die längsnähte, werden sie versäubert, überflüssiges (der "zwickel") dabei abgeschnitten. nun die länge - da ist der helfer/näh-buddy oder ein rock-abrunder/saummarkierer sehr hilfreich. an nahtzugabe für den saum denken! hinten ergibt sich ein offenes dreieck - das füllt man mit dem stoff, der in der länge abgeschnitten wurde - eventuell muss "kunstvoll" gestückt werden.
um mit all den verschiedenen fadenläufen keine komplikationen beim säumen zu bekommen, habe ich den abschluss mit schrägband - knallrot! - versäubert - speziell in duchesse rutscht das beim tragen auch noch gut auf den strumpfwaren.
zum futter: um zu sparen, habe ich einen extra futterrock genäht, der unter beide röcke passt. macht sich auch besser beim waschen. vorn gerade geschnitten, hintere mitte ausgestellt für gehweite - hinten schlitzen geht aber auch.
noch fragen?
die bluse
ist natürlich auch von mir - aus einem winzigen rest 60s "bügelfrei" mit weissstickerei - und etwas seidentüll am kragen.
fotos von andrea