....denken immer alle (ich übertreibe jetzt mal ein bisschen) dass ich gegen das kaufen von klamotten bin wenn ich nachhaltigkeit anmahne?
können die leut nur schwarz-weiss? besinnungsloses shoppen oder totalaskese in ein und demselben leinenkittel für den rest des lebens?
hm.
vielleicht sollte ich es nochmal erklären.
es nützt nichts nichts mehr zu kaufen! es kommt darauf DAS RICHTIGE auszuwählen.
und das ist - ich gebe es zu, verdammt schwer. um wirklich entscheiden zu können was ökologisch sinnvoll und nachhaltig ist in sachen kleidung müsste man mindestens 3 bücher und diverse webseiten durchlesen. und auch noch verstehen.
wer sich auto, computer, fernseher kauft wälzt fachzeitschriften und internetforen oder hört auf jemanden der sich auskennt.
jedoch bei der beurteilung von bekleidung herrscht eine mischung aus "is eh nebensächlich" und selbst ernannter "modeexpertin/e".
es muss sich auch nicht jeder aus 2.hand einkleiden. obwohl das eine prima möglichkeit ist die resourcen UND den eigenen geldbeutel zu schonen. und an qualitäten heranzukommen die neu gekauft ein ziemliches loch in die haushaltkasse reissen würde - wenn man da nicht aus dem vollen schöpfen kann.
kleine geschichtsstunde oder nur wenn wir die vergangenheit kennen können wir die zukunft gestalten
vor der industrialisierung - in den meisten westlichen ländern war das so um 1800 herum - war kleidung sehr wertvoll.
textilien mussten erstmal wachsen - auf dem feld oder dem tier. genmanipulierte sorten und rassen, auch pestizide, herbizide und antibiotika gab es nicht. dadurch waren die erträge nicht so hoch wie heute oder fielen auch mal komplett aus.
und dann wurde in mühsamer handarbeit geerntet, aufbereitet, gesponnen, gewoben, gefärbt und bedruckt. die schneider und näherinnen mussten zwangsläufig mit der hand nähen, die nähmaschine war noch nicht erfunden. war ein kleid oder anzug fertig dann konnten sich das nur begüterte leisten!
aber auch die hatten nicht für jede fete ein neues ensemble! die kleidungsstücke wurden sehr lange getragen, manchmal änderte man den besatz oder andere details um "up to date" auszusehen. männerhosen und westen waren im rücken geschnürt - so wurden figurschwankungen ausgeglichen. das ausgleichen war bei den damen noch viel wichtiger - schliesslich waren die meisten öfter schwanger - das musste ein- und dasselbe kleid mitmachen, wieder und wieder. deswegen waren die kleider so lose wie nur möglich - mit der ausnahme der "hofkleider", die aber nur von sehr wenigen zu den seltenen besuchen beim könig getragen wurden....
apropo: der schnürleib - fälschlicherweise korsett genannt - diente nicht dazu die frauen zu quälen sondern war büstenhalter und basis fürs gewand. damen, die im rahmen von reenactments regelmässig schnürleiber tragen, sagen unisono dass die bequemer sind als jeder neuzeitliche BH.
doch ich schweife ab.
der grossteil der bevölkerung musste sich selbst helfen in sachen kleidung - die meisten lebten auf dem land und so zogen sie da die rohstoffe und produzierten ihre textilien selbst. da sie ja aber auch noch für sich und die städter das essen produzieren mussten waren textilien mangelware. hatte man etwas geld verdient konnte man zukaufen - aber auch hier waren die grenzen sehr eng.
daraus folgt - es gab sehr wenig. einen satz leinenhemden (die unterste lage) - so 2 - 10 stk., für den alltag einfache hausgewebte und -genähte kittel, 1-2 röcke bzw. hosen und 1 jacke. plus den sonntags-, kirchgangs- und feiertagsstaat - aber der wurde über generationen vererbt.
überhaupt vererbt: kleidungsstücke, die nicht komplett aufgetragen wurden aus welchen gründen auch immer - und es mussten gute gründe sein - wanderten von oben nach unten. die hausangestellten bekamen die sachen der herrschaft, die jungen, kleinen, dünnen die der grossen, erwachsengewordenen, rausgewachsenen.
es wurde ausgebessert, angestückt, passendgemacht. auch beliebt: aus 2 mach 1.
in den städten blühte der 2.hand-handel!
natürlich änderte die mode sich nur langsam. volkstrachten sind deswegen erhalten geblieben weil sie nur marginal der jeweiligen mode angepasst wurden statt sie alle 10 jahre komplett neu zu schneidern. was sich niemand hätte leisten können.
aber auch reiche leute liessen ihre kleider wieder auftrennen um aus altem stoff mit neuem schnitt ein modell "a la mode" machen zu lassen......
als dann im 19.jahrhundert die textilherstellung immer mehr mechanisiert wurde, die landwirtschaft durch riesige, mit moderner technik bearbeitet güter ihre produktivität erhöhte und das transportwesen von der erfindung der dampfmaschine profitierte - da wurden textilien billiger!
nicht preiswerter - denn die industrieware konnte schon damals nicht mit den handwerklich hergestellten textilien mithalten. liegt wohl in der natur der sache.
seitdem dreht sich das rad des turbokapitalismus immer schneller.
es wird hergestellt und verkauft was das zeug hält - mit immer weniger aufwand wird immer mehr profit gemacht. manchmal hält das zeug aber nicht - fabriken stürzen ein und begraben ihre arbeiter unter sich, leute kriegen krankheiten von giftiger bekleidung, ein fluss kollabiert weil die einleitungen von textilfabriken ihn verseuchen, ein riesiges binnenmeer trocknet aus.............
noch etwas - glaubt ihr wirklich industriell erzeugte bekleidung wird dafür hergestellt damit ihr was zum anziehen habt - oder gar etwas was euch schöner, glücklicher, zufriedener macht????
sie ist nur dazu da euch das geld aus der tasche zu ziehen und die renditen der aktionäre zu erhöhen - um den verbraucher gehts da gar nicht. der wird fröhlich manipuliert mit "sales", "trends", "do´s & dont´s" - mit dem richtigen werbegesicht kann man eine jeggings, die in der herstellung 0,90€ (mit transport!) kostet, für 29,90 verkaufen. und alle sind begeistert "wie günstig" das ist!
zukunftsvision
zurück zu wertiger kleidung - weniges und qualitätvolles. dann zieht auch das argument nicht mehr dass bei konsumverzicht die textilarbeiter keinen job mehr hätten. im gegenteil - sie hätten einen besseren job! weil hochwertige bekleidung lässt sich nur mit qualifizierten und gesunden und gutbezahlten arbeitern herstellen!
und dann - lokale märkte bevorzugen. abgesehen davon dass der transportwahnsinn wegfällt haben die leute vor ort arbeit - gut bezahlte arbeit - weil die klamotten ja ordentlich was kosten. keine grosskonzerne - das geld bleibt im land und kommt den leuten zu gute.
wäre es nicht wunderbar wenn wir glücklich und zufrieden mit unserer wunderschönen, langlebigen garderobe in einer welt leben könnten in der keine minderjährige textilarbeiterin unter ihrer nähmaschine schlafen muss, weil der lohn den sie bekommt, nicht für ein quartier reicht?
in der keine frauen in den nähereien windeln tragen müssen, weil sie in 12h nicht auf die toilette dürfen?
in der plantagen-arbeiter ihre familien ernähren können ohne sich schwere krankheiten durch pflanzenschutzmittel einzuhandeln?
wie das gehen soll? einfach aufhören den tand zu kaufen. je mehr leute das konsequent tun umso grösser wird der druck auf die hersteller und vertreiber etwas zu ändern.
verordnungen und gütesiegel bringen nichts - hintertürchen sind schneller gefunden als einer "öko" sagen kann.
nur wenn jeder einzelne seinen hintern hochkriegt und aus seinem modeopfer-status herauskommt kann dem wahnsinn einhalt geboten werden!